Bearded Collie - Vom Beruf zur Berufung


 

Ursprung und Beruf

 

In den wenig fruchtbaren Mittelgebirgen Europas lassen sich ausschließlich Schafe halten. Mit ihnen arbeiten Hunde, die durch ihr harsches und zotteliges Fell gegen Hitze, Kälte, hartfaserige Pflanzen, Wind und Sand geschützt sind.

Der Ursprung des Bearded Collies liegt in den schottischen Highlands und reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Über seine genaue Entstehung herrschen unterschiedliche Vermutungen: Einige gehen davon aus, dass er einer durch Schafshandel stattgefundenen, zufälligen Verpaarung der schottischen Collies (Border Collie, Langhaarcollie) mit dem polnischen PON entstammt. Der Bearded Collie ist der Einzige unter diesen Schäferhunden, der alle drei Aufgaben beherrscht, die von Herdengebrauchshunden erwartet werden können: das Hüten, Treiben und Schützen.

 

Mit Gebell trieb er die Schafe - häufig eigenständig in unwegsamen Gelände - in die Berge und zurück nach Hause. Man übertrug ihm jedoch nicht nur tagelang die alleinige Verantwortung für die Herde, sondern schickte ihn sogar vom Londoner Viehmarkt aus allein in die schottischen Highlands zurück.

 


 

Schicksal und Rettung

 

Durch die Abnahme der Bedeutung der Schafzucht und das Aufkommen von Eisenbahn- und Lastwagentransport verschwand die ursprüngliche Arbeitsaufgabe (Schaftransport) des Bearded Collies. Zudem stellte der entstandene Schienen- und Straßenverkehr unüberwindbare Gefahren für ihn dar. Hierdurch und durch die beiden Weltkriege war die Hunderasse nahe daran auszusterben. Der kleinere Border Collie (der Bearded Collie wurde erst in den früheren Jahren auf die gleiche Größe gezüchtet) war leichter durchzufüttern und die Arbeit als Herdenschützer, die der Border Collie nicht ausführen kann, war kaum noch nötig, da die abzuwehrenden Raubtiere ausgestorben waren.

 

1944 war das Glücksjahr für den Fortbestand der Rasse, als die englische Züchterin Mrs. Willison aufgrund einer Fehllieferung zu der braunen Bearded Collie Hündin "Jeannie" kam. Von ihrem Charakter und Auftreten dermaßen angetan, machte sie sich auf die Suche nach einem Bearded Collie Rüden. Nachdem sich jegliche Bemühungen als erfolglos entpuppten, traf sie während eines Bauernhofbesuchs zufällig auf den schwarzen Rüden "Bailie". Die Züchterin bemühte sich weiterhin - mit Erfolg - um die Rettung des Bearded Collies, indem sie bei den Schäfern immer weiter nach den seltenen Hunden vom Typ Bearded Collie suchte und bei den Verpaarungen sehr sorgfältig auf einen breiten Genpool achtete.

 


 

Wesen und Berufung

 

Die Bearded Collies gibt es natürlich genauso wenig, wie es die Dackel, die Retriever oder die Pitbulls gibt. Allerdings lebt die Erziehung des Bearded Collies in besonderer Weise von einer erfahrungsreichen Sozialisierungs- und Prägephase. Denn, da Bearded Collies als "Schützer der Herde" äußerst reizempfänglich sein müssen, neigen sie zur Nervösität. Neben einem reichen Erfahrungsschatz benötigen sie zur Entspannung außerdem eine gute Auslastung und - wie jederhund - eine vertrauensvolle Bindung zu ihren Haltern. Es sei demnach ausdrücklich erwähnt, dass ich mich nunmehr auf solche Bearded Collies beziehe, die eine günstige Prägung, Versorgung und Erziehung erleben:

 

In ihrer ausgeprägten Kontaktfreude treten Bearded Collies dem Menschen sehr selbstsicher gegenüber, verhalten sich gutmütig, harmoniebedürftig und ohne Anzeichen von Aggressivität. Bearded Collies sehen nicht nur stets aufgeweckt und forschend aus, sie sind! überaus aufmerksam und in höchstem Maße neugierig.

Eine besondere Vorliebe haben sie für lebendige Kontakte und Aktivitäten, denn sie sind reine Enegiebündel mit viel Kraft und Ausdauer.

 

Obgleich Bearded Collies seit ihrer Rettung im letzten Jahrhundert hauptsächlich als Familienhunde leben, bleiben sie intelligente Arbeitshunde, die zum Übermut neigen, wenn ihre Stärken nicht regelmäßig abgefordert werden. Aufgrund ihrer urspründlichen Aufgabe besitzen sie eine große Eigenständigkeit, weshalb sie in dieser sie überfordernden Welt für einen Halter dankbar sind, der sicher auftritt und Regeln klar kommuniziert. Sie sind äußerst lernwillig und durch Intelligenz- und Geschicklichkeitsübungen, durch Nasen- und Apportierarbeiten zu fördern. Ihr Spieltrieb bleibt - bei einem Durchschnittsalter von 13 Jahren - bis ins hohe Alter erhalten.

 

Mittels ihrer Fähigkeiten und Stärken erlangen Bearded Collies nicht nur weiterhin ein anerkanntes Können unter Schäferhund-Experten, sie sind in der heutigen Zeit auch als optimale Therapiehunde und Co-Pädagogen einzuordnen. Selbstverständlich abhängig von der fachlichen Ausrichtung des Halters und dem individuellen Hunde-Temperament, ist der Bearded-Collie sowohl in der medizinisch-therapeutischen Arbeit als auch in der psycho-sozialen Pädagogik einsatzwillig, -fähig und -freudig. 

 

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Text von Romina Walder nach

Liesel Baumgart: "Bearded Collie. Sanfter Zottel mit Herz und Köpfchen",

Iris Strassmann im Wuff-Onlinemagazin: "Der Bearded Collie. Wuschel mit Herz" und

Eva-Maria Krämer: "Bearded Collie. Charakter, Erziehung, Gesundheit".

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